Film „Rote Beete“ aus „1989 – Lieder unserer Heimat“

Film „Melodie & Rhythmus“ aus „1989 – Lieder unserer Heimat“

Film „Himmlischer Frieden“ aus „1989 – Lieder unserer Heimat“

Schwarwels Welt

SCHWARWEL IM INTERVIEW 2012

 

SCHWARWEL ÜBER …

Schwarwel (Jahrgang 1968) lebt in Leipzig und ist Karikaturist, Illustrator, Comiczeichner, Trickfilmer, Regisseur, Art Director, Grafikdesigner und ein bisschen Maler.

 

… SCHWARWEL:

• Was verbindest du mit Leipzig?

Leipzig ist mein Heimatplanet, von dem aus ich das Universum beobachte und erforsche.

• Wie bist du zur Kunst gekommen?

Durch Comics wie „Fred Feuerstein“ und gut illustrierte Kinderbücher wie „Der Zauberer der Smaragdenstadt“ – weil die nicht diesen Kunst-um-der-Kunst-Willen-Touch hatten, sondern das Leben so reflektieren, wie es eben ist.
Sowas wollte ich auch machen.

• Warum machst du das, was du tust? Was ist deine Message?

Da halte ich es mit Erich Kästner: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“
Der Rocker Henry Rollins hat das in einem seiner Songs noch etwas komprimiert: „Do it.“
Die Message ergibt sich dann aus dem Tun.

• Was hat dich geprägt?

Was jeden prägt: Umwelt, Erziehung und die elterlichen Gene.
Also: Leipzig in der DDR bis zum Mauerfall, Wendezeit in Berlin, Jetztzeit wieder in Leipzig.
Wenn ichs mir aussuchen dürfte, würde ich etwas weniger Gene nehmen und dafür etwas mehr Umwelt.

• Warum „Schwarwel“? Woher kommt der Name?

Als Zwölfjähriger las ich meine ersten „Hulk“- und „Spinne“-Hefte aus dem Marvel-Verlag. Der Verleger Stan Lee gab seinen Zeichnern und Autoren cool klingende Beinamen wie Jack „King“ Kirby – sowas brauchte ich auch.
Also kreuzte ich „Marvel“ mit einem „Schw“.

• Wo willst du mit deiner Kunst noch hin? (Ziele, Wünsche …)

Was ich als Knirps alles tun wollte, habe ich jetzt bereits getan und tue es weiterhin mit großer Liebe.
Das kann so bleiben – immer mit dem Ziel, mich in meinen Disziplinen zu verbessern: Karikaturen besser auf den Punkt bringen, Schweinevogel-Strips pointierter erzählen, Trickfilme geschmeidiger animieren, Graphic Novels wie meinen „SEELENFRESSER“ dramaturgisch besser in Szene setzen … Der Rest ergibt sich von selbst.

… SCHWEINEVOGEL:

• Wie sind Schweinevogel und die Schweinevogel-Welt entstanden?

Schweinevogel entstand, als ich mich als unglaublich junger Mensch zu Zeiten des ersten Klonschafes Dolly mit meiner damaligen Freundin fragte, wie wohl diverse Kreuzungen verschiedener Tiergattungen aussehen würden, da klar war, dass der Mensch ohnehin alles ausprobieren würde, was er kann – und nicht, was ethisch vertretbar wäre.
Der Mix aus Schwein und Vogel gefiel mir besonders gut und im Nu hatte ich da einen ganzen Kanon an Figuren zusammen – vom vernunftbegabten Affen Iron Doof (damals noch „Fatman“ – aber den Namen gabs schon) über eine vernunftbegabte, aber prollige Schlammpfütze (Swampie) bis hin zu Gott, Dschäms Gott – einer Art sprechendem Hinkelstein.
Aus dem originalen Bild der Entstehung von Schweinevogel sieht man allerdings eine weibliche Kuh und und Huhn als Elternpaar den Zeugungsakt vollziehen – seine Schöpfung ist scheinbar von großen Mysterien umgeben, aber damit steht er ja nicht alleine da.

• Was ist die Message von Schweinevogel?

Leben ist, was du daraus machst.
Nach 25 Jahren haben Schweinevogel und seine Knuddelkumpels einiges gesehen und getan, sie sind nicht immer nett zueinander, aber sie haben Geduld und Toleranz entwickelt – zwei Eigenschaften, die ich hoch schätze.

• Wo willst du mit Schweinevogel noch hin?

Die Frage ist eher, wohin will Schweinevogel mit mir?
Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, das Verleger, Zeichner und Autoren die Macht hätten, ihren Kreaturen vorzuschreiben, was diese als nächstes zu tun hätten, um marketingstrategisch auf der Erfolgsleiter emporzukommen. Schweinevogel ist da ein sehr schönes Beispiel – großmäulig, sperrig, tapsig und ohne jeden Autoritätsgehorsam. Aber er ist einfach zu knuddelig, als dass ich ihm lange böse sein könnte.

 

… SEELENFRESSER:

• Was ist die Seelenfresser-Reihe?

„Seelenfresser“ ist eine Graphic Novel in Form einer Tetralogie, also einer Reihe aus vier Büchern, die sich um die vier Säulen „Liebe“, „Glaube“, „Hoffnung“ und „Barmherzigkeit“ dreht, auf der das westlich-europäische Glaubensgebäude aufgebaut wurde. Diese Stützpfeiler unterziehe ich meinem persönlichen Realitätscheck: Was haben diese Grundwerte in unserer Welt für einen Wert, wie kann ich das tatsächlich leben?

• Wann und wie ist die Idee entstanden?

Die Idee entstand ursprünglich 1998/1999 als eine relativ schlichte Horrorgeschichte für ein Magazin des inzwischen verblichenen Comicverlages EEE, dem ich damals als Mitherausgeber vorstand. Es sollte eine Invasionsgeschichte werden, angelehnt an Filme wie „Die Körperfresser kommen“ oder „Das Ding aus einer anderen Welt“.

Irgendwie war ich jedoch sowohl mit dem Inhalt als auch den ersten graphischen Entwürfen nicht zufrieden und so blieb alles eine Weile liegen und wuchs in meinem Hinterkopf zu seiner jetzigen Form, die ich als erstes in ein Drehbuch für einen geplanten Trickfilm goss.

Um zu gucken, wie der Trickfilm funktionieren könnte, beschloss ich, erst einen Comic daraus zu machen, in dem ich die Charaktere und die Welt kennenlernen und beobachten kann.

Dabei sind die Änderungen der Drehbuchseiten eher marginal, in den bisher fertige gestellten ersten beiden Büchern „Liebe“ und „Glaube“ habe ich nur ein paar dramaturgische Umstellungen gemacht und einige Dialoge angepasst – Änderungen also, die im Arbeitsprozess sowieso immer an der Tagesordnung sind.

• Was ist die Message von Seelenfresser?

Du bist, was du tust.

 

 

… HERR ALPTRAUM:

• Wie ist „Herr Alptraum“ entstanden?

Für meinen Schriftsteller-Kollegen Christian von Aster hatte ich schon vor „Herr Alptraum“ einige Bücher illustriert, weshalb ich ihm irgendwann 2006 vorschlug, doch mal ein Poem in Richtung Tim Burton zu machen, da uns beiden dessen „Nightmare“ im Stil und im Duktus sehr gefiel.

Christian fuhr in den Urlaub und hatte schwuppdiwupp die vierzig Strophen des „Herr Alptraum“ aus dem Ärmel geschüttelt. An den Illustrationen zu jeder Strophe sass ich dann vergleichsweise lange, aber 2007 erschien das Buch und es kam bei den Lesern sehr gut an – vor allem, weil Christian selbst „Herr Alptraum“ oft und gern auf seinen Lesungen zum Besten gab und gibt.

Als wir den Schweinevogel-Trickfilm „Es lebe der Fortschritt!“ fertig hatten, stand für unser Studio Glücklicher Montag und mich als Trickfilm-Regisseur die Frage, was wir als nächstes Projekt machen wollten – Christians Vortragskunst im Kopf, entschieden wir uns sehr schnell für „Herr Alptraum und die Segnungen des Fortschritts“ – war ja auch wieder das Wort „Fortschritt“ drin, musste also einfach gut werden!

Mit Christian als Sprecher fanden wir mit dem „Love is colder than death“-Mastermind Maik Hartung noch den richtigen Mann für die Musik und den Sound und schon ging die Reise los.

Nach inzwischen paarunddreißig Aufführungen auf Filmfestivals, Preise und Nominierungen und TV eingeschlossen, kann man durchaus sagen: alles richtig gemacht.

Wann kommt die Fortsetzung?

… KARIKATUREN:

• Was bedeuten die tagesaktuellen Karikaturen für dich?

Die tägliche Karikatur ist eine herrliche Herausforderung, da jede für sich selbst tagesaktuell klar definiert etwas auf den Punkt bringen soll, was gerade in der Welt passiert. Am Besten, indem ein positiver Wink mitgegeben wird, was bei vielen Themen sehr schwierig ist, da es oft um Krieg, Umweltzerstörung und die allgemeine Tendenz zur Dummheit geht, der wir Menschen unterliegen.

Seit 2010 stelle ich mich diesem Eigenauftrag und inzwischen tickt meine Uhr im Tagesrhythmus der Karikatur und ich werde echt hibbelig, wenn ich mittags noch eilige Auftragsarbeiten oder ein Treffen habe, obwohl ich gleich meine Verabredung mit der Karikatur habe. Da heißt es cool bleiben, routiniert dem Fluss vertrauen und reinspringen.

• Was ist deiner Meinung nach „die Aufgabe“ eines Karikaturisten?

Das sehe ich ähnlich wie Friedrich Wolf: „Kunst ist Waffe“.

Als Karikaturist muss ich mit meinem Stift auf die Abgründe zeigen, die sich auftun, auch wenn ich natürlich oft keine Instantlösung dafür parat habe: Sachen benennen, Probleme erkennen, Verantwortliche zeigen, angebliche Selbstverständlichkeiten und Machtstrukturen hinterfragen … all sowas.

Bei meinen Karikaturen breche ich die durch die Tagespolitik und Wirtschaftsnachrichten vorgegebenen Thematiken meist auf den menschlichen Faktor herunter und überlege mir, wie ich als Otto Normalbürger in solchen Situationen handeln würde. Bei unzumutbaren Missständen wie Krieg, Hunger oder Folter geht sowas kaum: da kann ich manchmal nur stumm draufhalten und zeigen: Guckt mal, so sind wir – so müssen wir aber nicht bleiben.

… AUSSTELLUNGEN, MALEREI, KUNST:

• Was bedeutet es für dich, eine Ausstellung zu machen?

Das Machen selbst ist ein Hochgenuss, aber die Vernissage und die fertige Ausstellung sind für mich der absolute Horror, was vor allem daran liegt, dass ich mit diesem komischen „Künstler“-Image nicht umzugehen verstehe, was ich da so vorgelebt bekomme – das ist mir zu meist zu manieriert, zu abgehoben und zu affig. Und es ist immer eine Tortur, sich einer Vernissage zu stellen, weil ich es hasse, bewertet zu werden wie ich es hasse, selbst zu bewerten.

Andererseits kann ich dem Reiz einer Ausstellung nicht widerstehen, da so große Wände einfach magisch sind: viele Bilder wirken eben nur durch ihre Präsenz im Raum und in der Umgebung. Das wiegt für mich die Nachteile auf.

• Wie unterscheiden sich Malerei und Ausstellungen von anderer künstlerischer Arbeit?

Im Ergebnis natürlich – bei Karikaturen, Comics oder Illustrationen sind Printmedien oder das Web die Bühne, auf der das dann stattfindet, Trickfilme und Videos sind für Kinosäle und die Glotze … bei den Bildern hingegen gibt es diese Schutzhüllen nicht, die ein Verbreitungsmedium jedweder Art bietet, da gibt es nur das Bild und direkt davor den Betrachter, sehr privat, sehr direkt.

Das ist wie der Unterschied eines Musikvideos und dem gegenüber ein Livekonzert – da muss alles passen und im Moment existieren … für einen Monk wie wie mich mit Tendenz zum Controlfreak ein echtes Grauen!

• Wie würdest du deine Arbeiten stilistisch einordnen?

Alternative Arts, definitiv.

… AUFTRAGSARBEITEN:

• Wie stehst du zum Thema Auftragsarbeiten?

Sehr gut. Ich bekomme ein Thema mit einer Aufgabe auf den Tisch, das ich mit meinen Ausdrucksmitteln und meiner Sichtweise mitgestalten und mitformen kann. Und da ist es egal, ob es ein Poster, eine Buchgestaltung oder ein ganzer Trickfilm ist.

• Du hast viel für Musiker und Bands gemacht: Warum machst du das besonders gerne?

Besonders gerne stimmt nicht so ganz – es war das, womit ich angefangen habe, da ich schon 1987 für unsere Band Tishvaisings die Kassettenhüllen, Poster und Flyer selbst gestaltete. Da war es nur konsequent, dass ich das dann auch für andere Bands machte.

Musik ein direktes Medium – es trifft jeden und man kann Ohrwürmer von Songs haben, die man glaubt nicht zu mögen – sowas ist ein dankbares Thema, um damit grafisch, mit Illustrationen oder in Trickfilmen zu spielen, die Kunst der Töne in Linien und Formen zu übersetzen.

• Wie entsteht die Filmidee zu einem Song?

Kommt immer darauf an, wie der Auftrag lautet.

Im Idealfall höre ich mir als Autor und Regisseur des Videos den Song zig Mal an, lese den Liedtext, schau mir an, wie der oder die Musiker sich selbst präsentieren und was sie transportieren wollen, checke das Web und befasse mich dann zwei, drei Tage kein bisschen mit dem Thema, damit mein Hinterkopf in Ruhe seine Arbeit machen kann.

Dann setze ich mich hin und kloppe das Drehbuch runter und finde mich dabei, wie ich Charakterskizzen mache und die Welt des Videos entwerfe.

Bisher wurde immer der erste Draft des Drehbuches mit ein paar kleinen Änderungen umgesetzt – die Arbeitsweise scheint also nicht die schlechteste zu sein.

… DIE WELT UND DAS LEBEN:

• Deine Philosophie?

Leben ist.

 

• Politik?

Tu was.

 

• 10 wichtigste Werte?

Geduld.

Alles andere ergibt sich daraus.

 

• Inspirierende Persönlichkeiten

Gandhi, Mandela und mit Abstrichen Muhammad Ali.

 

• Beste Filme

„The Deer Hunter“ (Michel Cimino)

„Prinzessn Mononoke“ (Hayao Miyazaki)

„2001“ (Stanley Kubrick)

„Chihiros Reise ins Zauberland“ (Hayao Miyazaki)

„Fight Club“ (David Fincher)

„Bambi“ (Disney)

„Full Metal Jacket“ (Stanley Kubrick)

„Schneewittchen“ (Disney)

„E.T.“ (Steven Spielberg)

„Apocalypse Now Redux“ (Francis Ford Coppola)

„Der weiße Hai“ (Steven Spielberg)

 

• Beste Bücher

„Per Anhalter durch die Galaxis“ (Douglas Adams)

„Die Kunst frei zu sein“ (Tom Hodgkinson)

„Akira“ (Katsuhiro Otomo)

„Die Kunst des Krieges“ (Sunzi)

„Eine kurze Geschichte von fast allem“ (Bill Bryson)

 

• Beste Künstler

Michelangelo

E. C. Segar

John Heartfield

Charles M. Schulz

Aubrey Beardsley

Otto Dix

usw. usf.

 

• Beste Musik

Beethoven und Ramones

 

• letzte Worte?

Danke

 

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